Unser Canggu ist es nicht mehr

Kembali
Mit etwas Verspätung landeten wir mitten in der Nacht auf Bali. Schon am nächsten Morgen konnten wir deutlich die Veränderungen in unserem geliebten Canggu spüren.

22.12.2022-04.01.2023
Jamie, die Besitzerin vom CrossFit Fortitude hatte uns schon vorgewarnt: Bei ihrem letzten Balibesuch vor einem Monat hat sie 40% ihrer Zeit sinnlos im Stau vergeudet. Unser alter Coach Ricky sagt, dass er schon länger keine Ausflüge mehr auf der Insel macht. Er hat den Spaß daran verloren, da man nur noch im Stau steht.
Die Ausflüge, die wir in unserer Zeit auf Bali immer so genossen haben - kaum vorzustellen wie unsere Zeit ohne all die schönen sweat Escapes gewesen wäre.

Was habe ich das vermisst. Morgens den ersten Kaffee im Pool zu trinken.
Da macht auch der Regen nix aus.

Ganz normaler Tag auf Bali.

Zahlen, Daten, Fakten

Schon bei der Einreise empfing uns das “neue” Bali und hinterließ direkt einen Beigeschmack . Die Einreise ist nun nicht mehr kostenlos, sondern kostet jetzt über 30 Euro p.P. für das 30-Tage Visa on Arrival (VOA). Die 60 Tage Option, die wir eigentlich nehmen wollten, wird am Flughafen gar nicht mehr angeboten. Gegen weiteren Einwurf von Münzen und Zeit wird diese nur nachträglich über das Immigrasi Büro erteilt. Das erschwert das Reisen im Land deutlich, da man mindestens 7 Tage darauf wartet. D.h. so lange kann man sich nirgendwohin bewegen.

Das Gefühl, dass Bali die Einnahmeausfälle der letzten 2 Jahre durch erhöhte Kosten und Gebühren an jeder Ecke versucht wieder reinzuholen, zieht sich leider bis zu unserem Abflug durch. Was dem Run auf die Insel der Götter keinen Abbruch tut.

Die balinesische Regierung hat schon im Sommer verkündet, dass im ersten Halbjahr 2022 über 4 Millionen Touristen die Insel besuchten. Vor Corona waren es 6 Millionen im gesamten Jahr! Hinzu kommt, dass Bali erst Ende Februar 2022 die Grenzen für Touristen wieder geöffnet hat. Noch verrückter wirkt diese Zahl, wenn man realisiert, dass die mit Abstand stärkste Touristengruppe von vor Corona, die Chinesen, noch gar nicht nach Bali reisen können. Was sich allerdings demnächst ändern wird. Ersten Umfragen in China nach warten 127 Millionen(!) Chinesen darauf, endlich wieder reisen zu können und gaben an, zunächst “nur” im asiatischen Raum zu reisen.

Gute Nachricht - der Flughafen wurde neu gestaltet.

Harte Nuss
Es ist kein Geheimnis, dass es San sehr viel Spaß macht und fast etwas Meditatives für sie hat, nach Unterkünften zu suchen und für uns tolle Preis-/Leistungsdeals zu finden. Nicht umsonst hat sie das eine zeitlang auch als Dienstleistung angeboten. Es stellte sich allerdings schon vor Monaten heraus: Diesmal hat sie eine harte Nuss zu knacken. Die Preise für Unterkünfte sind deutlich gestiegen und die über 2 Jahre ohne Touristen sind einige der Unterkünften nicht wirklich gut bekommen.

2 Nächte Abstecher nach Uluwatu

Unbezahlbare und unvergessliche Momente

Zunächst wollten wir herausfinden, ob wir uns wieder vorstellen können, im Winter von unserer alten Heimat Canggu aus zu arbeiten. Außerdem stand ein Wiedersehen mit Freunden und Bekannten an, mit denen wir seit unserem letzten Besuch vor 3,5 Jahren nur über Social Media in Kontakt standen. San machte schon vor Abflug eine lange Liste, damit wir auch ja niemanden vergessen. Und auch keins unserer Lieblingsrestaurant verpassen - sofern es diese noch gibt.

Das DuaTiga, bei dessen Eröffnung wir damals schon zum Probeessen gewesen sind, war unsere erste Anlaufstation. Dann kam der Moment, auf den man sich nicht vorbereiten kann. Wir hatten die Tür noch nicht mal in der Hand, als der Barista und eins der Mädels schon hinter dem Tresen hervorkamen und auf uns zustürmten, um uns herzhaft in Empfang zu nehmen. San fragte zaghaft und etwas irritiert: “Könnt ihr euch an uns erinnern?” und die Antwort kam ohne zu überlegen und als wären wir gestern das letzte Mal da gewesen: “Sure, you’re Sandra and Marco”. Mit Tränen in den Augen und sehr sehr gerührt, setzten wir uns und bestellten erst mal eine Smoothie-Bowl und einen leckeren Kopi.

Dieses Erlebnis wiederholte sich in den folgenden Tagen ein paar Mal. Die absolute Krönung war jedoch unsere alte Laundry. Die Leute, die dort arbeiten, haben wir eine Zeit lang zwar häufig gesehen, aber bis auf das Sortieren und Zählen der dreckigen Wäsche hatten wir keinen weiteren Kontakt. Als wir unsere Wäsche nach 3,5 Jahren (!) nun wieder abgaben, hat einer der Leute auf den Abholzettel beim Namen “Sandra” drauf geschrieben, noch bevor Sandra ihm den Namen sagen konnte. Total verrückt!

Ich denke wir haben damals nicht alles verkehrt gemacht und es war eine gute Entscheidung Indonesisch zu lernen und jedem mit Respekt zu begegnen.

CanggZOO

Nach den ersten Tagen in Canggu, was die Balinesen passenderweise nur noch CanggZoo nennen, waren wir enttäuscht, obwohl wir die Erwartungshaltung nicht all zu hoch gehängt haben. Wir wurden die letzten Jahre und Monate durch Leute, die auch während der Pandemie hier waren, schon vorgewarnt. Allerdings ist es etwas anderes all die Geschichten vom Verkehr, der an jeder Ecke zusammenbricht zu hören, als dann letztlich selbst im Mörder-Stau zu stehen. Selbst die Schleichwege von einst sind mittlerweile Hauptstraßen. Zumindest was den Verkehr angeht. Die Beschaffenheit der Straßen ist jedoch geblieben. Scooter und Autos haben wahnsinnig zugenommen. Auch die gemütlichen Strandabschnitte der Locals, wo man gechillt an seiner Kokosnuss schlürfen konnte, wurden durch riesige Beach Clubs ersetzt.

Hier stand mal unser local Warung und wir waren fast alleine am Strand (Berawa Beach - Canggu)

Als am ersten Tag beim Frühstück ein älteres Paar (also noch älter als wir ;-)) mit einer JBL Boom Box auf max Lautstärke die Straße mit ihrem Roller hoch und runter gefahren sind und sich selbst dafür gefeiert haben, war dass für uns ein passendes Sinnbild, was aus unserem Canggu geworden ist. Jede Menge Barbies mit aufgespritzten Lippen, gemachten Möpsen und zur schau gestellten Camel toe passen da perfekt ins Bild. Nicht zu vergessen der Porsche und Lamborghini, auf Straßen die kaum besser sind als Feldwege.

Als ich dann durch die noch verbliebenen Reisfelder gefahren bin, um unsere geparkten Sachen bei einer Freundin abzuholen, wurde mir etwas klar: Der “Groll” den ich auf diese Leute habe und was sie aus unserem Canggu gemacht haben, ist eigentlich mehr eine Angst. Meine Angst darüber, dass die schöne Zeit, die wir hier zwischen 2016 und 2019 hatten, durch den Ausbau von Canggu und Leute wie sie nicht nahtlos fortsetzen können.

Auch damals schon haben wir Leute getroffen, die Canggu von vor 2016 kannten und gesagt haben “Wow, das hat sich hier alles krass verändert. Damit kann ich nix mehr anfangen.”. Für uns war es damals aber genau richtig. Der Vibe, die Menschen die wir kennenlernen durften, all die Geschichten und Momente die wir erlebt haben. Es war perfekt – für uns! Heute sind wir es die sagen: “Wow, das hat sich hier alles krass verändert. Damit können wir nix mehr anfangen.”.

Viele der Leute von damals sind schon längst weitergezogen und haben ein neues Canggu für sich entdeckt. Auch wir werden ein neues Canggu für uns finden und all die Erinnerungen an unser Canggu positiv in Erinnerung behalten. Wenn wir jetzt hier abreisen, wissen wir: Unser Canggu ist es nicht mehr.

Danke, Herr Putin

Bali ist von Russen besetzt. Was sich wie aus Asterix und Obelix anhört, ist leider Realität. Es ging schon während der Pandemie los und hat seit Februar 2022 noch mal massiv zugenommen. Wie es scheint richten sie sich auch darauf ein länger zu bleiben. Ein guter Weg das in Indonesien zu machen, ist eine eigene Property zu kaufen, sprich Eigentum (Land/Haus/Unterkunft).

Nachdem ich letzten Januar auf Phuket in Thailand schon ähnliches gehört habe, kam mir, im Stau stehend ein Gedanke. Was wenn es der clevere Schachzug von Herrn Putin gewesen ist, mit der Ankündigung alle zwischen 18-30 Jahren für den Krieg, der natürlich kein Krieg ist, einzuberufen um diejenigen mit Geld oder deren Kinder in die große weite Welt hinauszutreiben. Damit sie sich in anderen Ländern niederlassen. Ähnlich wie es Putins Freunde aus China die letzten Jahrzehnte gemacht haben und denen heute bei genauem Betrachten mittlerweile bestimmt die Hälfte vom Planeten gehört. Nur hat es kaum jemand gemerkt. Sollte sich das als Masterplan entpuppen -Chapeau!

Verrückte Welt

Es ist das erste Mal, dass wir auch mit der anderen Seite des Krieges in Kontakt kommen. Während man in Deutschland immer mehr Autos mit UA Nummernschild sieht, hat man kaum die Chance mit vertriebenen Russen in Kontakt zu kommen.

Als wir im Cafe in Uluwatu gesessen haben, neben uns mal wieder überall nur Russen, hätte ich mich am liebsten mal an einen der Nachbartische gesetzt. Dies um mich auszutauschen und nachzufragen, wie es für sie ist, vertrieben zu sein. Leider sprechen sie immer noch kein oder kaum Englisch. Allerdings stellte ich mir die Frage, was ich machen würde, wenn Herr Scholz sagt, dass alle 30-45 Jährigen ab übermorgen das Land nicht mehr verlassen dürfen und jederzeit eingezogen werden können.


Erfahrt bald im zweiten Teil, wie es auf für uns auf Bali weiter geht.

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Da ist er - der Bali Spirit in Ubud

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Was, wenn das Lächeln vergangen ist? – Bangkok