Auf Gandhi’s Spuren – Ahmedabad
Die Wiedersehensfreude war groß, als uns unsere ehemaligen Nachbarn Amit und seine Tochter Aashi (bald 5) am Busbahnhof in Ahmedabad abends abgeholt haben, während Meenakshi und Sohnemann Tanay (2) zuhause auf uns warteten.
02.-09.09.2016 ::
Amit und seine Frau Meenakshi lebten rund 5 Jahre in unserem Haus, bevor sie vor etwas mehr als 2 Jahren wieder zurück nach Indien gezogen sind. Zusammen mit den amerikanischen Nachbarn Nate und Erin hatten wir eine tolle Zeit, in der wir u.a. regelmäßig „Internationale Dinner“ veranstalteten, wo wir immer landestypisch gekocht haben. Gerne erinnern wir uns an diese schöne und leckere Zeit zurück.
Da Amit am Indian Institute of Management (IIMA) doziert, konnte er uns auf dem Campus in dem Verheirateten-Wohnblock (Married Students House) unterbringen. Wir haben schon einige Studentenwohnungen gesehen, aber wir schauten nicht schlecht, als wir die geräumige und voll möblierte Zweiraumwohnung inklusive Küche und Bad (mit Waschmaschine) betreten haben. Kein Wunder dass sich hier jedes Jahr über 200.000 Leute bewerben – genommen werden nur rund 400 Studenten!
Nach dem Frühstück mit Amit in der Mensa am nächsten Morgen, zeigte er uns voller Stolz „seine“ Uni. Sie wurde von einem Symmetrie-Liebhaber in den 60ern entworfen und gebaut und gilt noch heute bei Architekten als Meisterwerk. Amit hat hier früher selbst studiert und hat nun das Glück in seiner Heimatstadt unterrichten zu dürfen, während seine Familie das Leben abseits des Trubels der Stadt auf dem Campusgelände genießt.
Vater der Nation
Wenn mich jemand gefragt hätte „Kennst du Mahatma Gandhi?“ Wäre meine Antwort: „Natürlich!“ Doch was hat er eigentlich noch mal genau gemacht?
Spätestens wenn man Indien besucht, setzt man sich mit dem Vater der Nation intensiver auseinander. Denn er ist allgegenwärtig. Vor allem in Ahmedabad, denn hier verbrachte er einen Teil seines Lebens und ist somit der ganz Stolz der Stadt.
Gandhi kämpfte mit seinem gewaltlosen Widerstand für ein unabhängiges Indien, für welches er sogar in den Hungerstreik ging oder aber den bekannten Salzmarschantrat. Der Marsch war 1930 ein Protest gegen die von England erhobenen Steuern auf Salz, denen sich viele Menschen aus dem ganzen Land anschlossen, um von Ahmedabad nach Dandi (385 Km) zu laufen. Um sich einfach das zu nehmen, was ihnen gehörte: eine Hand voll Salz, ohne dafür extra Steuern an die Briten zu zahlen.
Ihm hat es Indien heute zu verdanken, das es 1947 seine Unabhängigkeit wiedererlangt hat. Das alles wurde sehr schön in seinem ehemaligen Haus, welches heute als Museum dient, dargestellt.
Ganesha-Day
Nachdem wir den Geburtstag von dem Hindu-Gott Krishna in Jodhpur feierten, bereitete uns Amit schon auf das nächste Hindu-Fest, quasi das Weihnachten für Hindus, den Ganesha Tag vor. Nein, es gibt keine Geschenke und der Baum wird durch eine Ganesha ersetzt.
Spätestens am Tag davor wird bei einem der vielen Strassenhändler in einer beliebigen Größe von klein bis mannshoch, eine der quietschbunten Elefantskopf-mit mehreren-Armen-Statue gekauft, um sie dann mit verbundenen Augen nach Hause zu bringen und mit Blumen und Süßigkeiten zu schmücken. Ab diesem Zeitraum darf zuhause kein Fleisch mehr gegessen und kein Alkohol mehr getrunken werden, dafür wird aber 2-mal täglich gebetet. Die Ganesha bleibt dann mindestens 3, maximal 11 Tage im Haus bevor sie im heiligen Flusswasser „versenkt“ wird. Die Zeremonie ist im 21. Jahrhundert angekommen, denn es gibt entweder wasserlösliche Figuren zu kaufen oder, wie in Ahmedabad üblich, werden in Flussnähe mehrere große Löcher ausgehoben und mit Plane ausgelegt und anschließend mit Flusswasser gefühlt, um dann darin die Ganesha zu versenken. Diese Figuren werden recycelt – wurde uns versichert. Sehr vorbildlich!
Es war natürlich für uns ein tolles Erlebnis das Fest mit Amit und seiner Familie hautnah zu erleben. So bekamen wir als erstes den „roten Punkt“ auf die Stirn gemalt um anschließend zusammen ein blumengeschmücktes Tablett mit Flamme vor der geschmückten Ganesha im Uhrzeigersinn umherzuschwenken. Die Opfergaben, mit der die Ganesha geschmückt ist, müssen jeden Tag erneuert werden, möchte man es sich nicht mit dem Gott verscherzen.
Kontrast
Das Leben auf dem Campus steht im starken Kontrast zum restlichen Leben in der für Indien modernen Stadt. Das hatten wir so extrem bei unserer Reise durch Rajasthan noch nicht empfunden. Während drinnen, im Campus die neue Elite von Managern ausgebildet wird, liegen auf dem Gehweg vor dem Campus und direkt an der stark befahrenen Straße ganze Familien auf einem alten rostigen Bett oder dem Boden mit ihren abgewetzten und verdreckten Klamotten und warten auf ein besseres Morgen.
Die ganzen Informationen und Geschichten die uns Amit in den Tagen hier erzählte, verdeutlichten das Bild. Auf der einen Strassenseite ein 3 stockiger Juwelier in dem mindestens einmal im Jahr Schlange gestanden wird, um einkaufen zu können und auf der gegenüberliegenden Strassenseite leben Menschen in Wellblechhütten mit offenen Feuer zum Kochen. Da der nagelneue BMW X5, der gerade einem Anhänger ausweicht der von einem Kamel gezogen wird…
Verrückt!
Familienleben unter dem Werbeplakat.
Selfie-Doc
Wir hatten eine tolle Zeit mit Amit und seiner Familie auf dem Campus und sind sehr dankbar, dass sie sich so viel Zeit genommen haben uns alles rund um ihre Heimatstadt näher zu bringen. Für mich stand leider ein weiteres „Highlight“ wohl jeder Indienreise auf dem Programm. Mein Magen war durcheinander und ich musste die letzten zwei Tage besser in der Nähe einer Toilette bleiben, somit unserem Apartment. Besser war das Und das obwohl wir die ganze Zeit so aufgepasst haben. Um auf Nummer sicherzugehen dass es kein Malaria ist, kontaktierten wir noch das Campuslabor für einen Blutcheck, der wollte allerdings erst mal ein Selfie mit dem Patienten, bevor er weitermachte ;-). Später am Tag kam dann die Entwarnung.
Für uns heißt es nun Abschied nehmen von unserem geliebten Asien, auch wenn Indien sich für uns, wie schon erwähnt, nicht mehr wie Asien anfühlt und es auch nicht gerade zu unseren Lieblingsländern gehört und wir uns freuen, dass es weitergeht.
Nächstes Ziel ist Amerika, den Anfang machen die USA, wo wir unsere anderen alten Nachbarn Nate und Erin und weitere Freunde besuchen werden.
Die letzten schönen Bilder aus Indien sind online. Ein Fazit zum Land folgt noch.